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LM-Homöopathie versus Kent

In den letzten 100 Jahren wurden fast alle praktizierenden Homöopathen weltweit nach den Prinzipien des Amerikaners James Tyler Kent (1849-1916) ausgebildet. Kent war ohne Zweifel ein großer Homöopath und Arzt, der viel für die Homöopathie bewirkt hat. Leider geriet er jedoch durch die dritte Ehe mit Clara Louise Tobey 1896 immer mehr unter den Einfluss der Philosophie von Emanuel Swedenborg und seiner Kirche, die seine homöopathische Arbeit zusehends beeinflusste.

Kent kannte die 6. Auflage des Organons nicht. Sein Wissen über Homöopathie gründete auf der 4. Auflage von 1828, d.h. der Verordnung von Einzelmitteln in C-Potenzen, die in der Regel nicht wiederholt werden dürfen und nur ca. alle 6-12 Wochen verordnet werden. Diese Vorgehensweise wird heutzutage von fast allen Homöopathen weltweit praktiziert. Sie entspricht jedoch nicht dem, was uns Hahnemann in seiner 6. Auflage des Organon hinterlassen hat.

Kent glaubte, ganz im Sinne Swedenborgs, an die Vervollkommnung des Menschen und sah den Ursprung aller Krankheiten primär in einer Störung der geistigen Kräfte des Menschen. Er war beseelt, den Menschen mit Homöopathie zu einem höheren und besseren Wesen zu machen. Er teilte alle homöopathischen Mittelbilder in Konstitutionen ein, bei der die psychischen Symptome in der Mittelfindung hierarchisch am höchsten zu bewerten sind.

Dario Spinedi, Schüler von Künzli und Begründer der bekannten gleichnamigen homöopathischen Klinik am Lago Maggiore kritisierte 1996 im Vorwort der Neuauflage des Buches von James Tyler Kent – Zur Theorie der Homöopathie:

Die „Überbewertung der Geistes- und Gemütssymptome, die Kent in seinem Werk vorgenommen hat“ , die zu einer Fehlentwicklung in der Homöopathie geführt habe… Die Hinwendung Kents zu den Gemütssymptomen habe seine Ursache in der Beschäftigung Kents mit der Philosophie Swedenborgs.

Nach Hahnemanns Ausführungen gibt es in der Homöopathie nur eine begrenzte Anzahl von Konstitutionsmittel, die alle mineralisch-metallischen Ursprungs sind, wie Calcium carbonicum, Natrium mur., Phosphor, Silicea usw. Nach Hahnemann gibt es, im Gegensatz zu Kent, keine Pulsatilla- oder Nux vomica-Konstitution, mit denen man Patienten dauerhaft heilen könne. Pulsatilla und Nux vomica sind Akutmittel, die nur eine kurze und eher oberflächliche Wirkung haben. Die endgültige Heilung eines Menschen wird immer durch ein mineralisches Mittel erzielt.

Dauerhafte Genesung kann laut Hahnemann niemals nur durch pflanzliche Mittel erreicht werden. Diese Verwirrung, dass praktisch alle Mittel mehr oder minder ein Konstitutionsmittel sein können, mit dem man Patienten heilen könne, hat in der Homöopathie dazu geführt, dass man die wahren Ursachen von Krankheiten wie sie Hahnemann beschrieben hatte, nicht mehr richtig behandelt, sondern mentale Veränderungen des Patienten überbetont, um in erster Linie daraus eine mutmaßliche Besserung des Krankheitszustandes zu interpretieren.

Der Schweizer Homöopath Adolf Vögeli beurteilte diese Art der Homöopathie mit folgenden Worten:

Die Gedankengänge „dieser Psychologisierer“ seien kaum nachvollziehbar. Beurteilung des Verlaufs nur nach dem psychischen Zustand vorzunehmen, sei unwissenschaftlich. Ein Hypertoniker, der nach einer solchen Behandlung zwar fröhlich sei, aber weiterhin hohen Blutdruck habe, mache diese Therapie unglaubwürdig.

Erst in den letzten Jahren beschäftigen sich immer mehr Homöopathen wieder mit den Schriften Hahnemanns und stellen fest, dass die beiden Hauptwerke: “das Organon” in der 6. Auflage und “die chronischen Krankheiten” voller fundamentalen Wahrheiten stecken und dass es lohnenswert ist, sich mit den Urschriften der Homöopathie eingehend zu beschäftigen.

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